Besteigungen in Afrika

 

Die höchsten Berge des zweigrößten Kontinents Afrika liegen in seiner östlichen Hälfte. Es sind dies die vier 5.000er

Kilimanjaro 5.895 m
Mawensi 5.270 m
Mt. Kenya 5.199 m
Ruwenzori/Point Margherita 5.109 m

Den höchsten Berg Afrikas habe ich zusammen mit meiner Frau Hannelore und Sigi Hupfauer bereits am 5. Februar 1972 bestiegen. Einen Tag zuvor waren wir am Gipfel des Mawensi. Ich habe dies im Rahmen der Berichte über die 7 Summits geschildert.

Nach diesen beiden Besteigungen kehren wir von Tansania zurück nach Kenia. Dann verlassen wir Nairobi wieder in Richtung Naro Moru River Lodge am Rande des Mt. Kenya National Parks. Am nächsten Tag fahren wir mit Jeeps, die für noch bessere Geländegängigkeit in den schier unergründlichen Schlammstrecken Schneeketten montiert haben. Durch Bambusurwald in dem wilde und respektheischende Büffel weiden, geht es bis auf fast 3.000 m. Von dort zu Fuß weiter auf der sogenannten Moorland-Route bis zum Mackinder-Camp (ca. 4.200 m). Nach einer Zeltnacht brechen wir am 11. Februar 1972 noch im Dunkeln auf. Kein Sternenhimmel, aber Nieselregen. Das schlechte Wetter lässt unsere Hoffnungen auf einen Erfolg am doppelgipfeligen Mt. Kenya gegen Null schrumpfen. Doch in der Morgendämmerung tritt Wetterbesserung ein und in ganzer Pracht liegt plötzlich dieser wunderschöne Berg im ersten Sonnenlicht vor uns. Wir seilen an und klettern durch die Südostwand auf schöner und keineswegs leichter Route dem Gipfel entgegen. Quergänge, Risse und Kamine lassen keine Langeweile aufkommen und sorgen für Abwechslung. Wenige Seillängen unterhalb des Gipfels verschlechtert sich das Wetter rapid. Wir sind in einem Höhengewitter. Bei Donner und zuckenden Blitzen erreichen wir schließlich den Gipfel. Wir bleiben nur wenige Minuten und seilen dann in gebotener Eile ab. Dabei ereignet sich bei einer anderen Gruppe ein schwerer Unfall, der für helle Aufregung sorgt, aber dank einer ganzen Reihe von Schutzengeln einigermaßen glimpflich verläuft.

Zu der Zeit als wir die ostafrikanischen 5.000er bestiegen haben, war an eine Reise zum Ruwenzori, dem afrikanischen Gebirge, das ebenfalls über 5.000 m hoch ist und auch als Mondberge bezeichnet wird, nicht zu denken. Der berüchtigte Diktator Idi Amin führte in Uganda eine Schreckensherrschaft, die jeden Besuch des Landes unmöglich machte. Nach seinem Sturz folgte ein neues Terrorregime und so kam es, dass der Ruwenzori über einen Zeitraum von 20 Jahren praktisch nicht erreichbar war.

Wie aus heiterem Himmel bot 1991 der DAV Summit Club eine Ruwenzori-Reise als Neutour an. Ich war natürlich sofort interessiert und begann, mich über Einzelheiten zu informieren.

Erstmals erblickte Henry Morton Stanley im Jahr 1890 aus einer Entfernung von etwa 100 km die eisbedeckten Gipfel des Ruwenzori. Er war seinerzeit auf der Suche nach den Quellen des Nils. Im Gegensatz zu damals sind die geografischen Daten längst bekannt. Das Massiv ist etwa 120 km lang und 50 km breit. Es liegt etwas nördlich des Äquators an der Grenze zwischen Uganda und Zaire. Während die anderen ostafrikanischen 5.000er vulkanischen Ursprungs sind, ist der Ruwenzori ein reines Faltengebirge, das ungleich zerrissener ist. Es umfasst sechs einzelne Massive, die ihrerseits wieder aus mehreren selbstständigen Gipfeln bestehen.

Zu den interessanten Details des Ruwenzori gehört die Vegetation, die in ihrer Vielfalt und Reichhaltigkeit nicht zu übertreffen ist. Einmalig ist der besonders ausgeprägte Pflanzengigantismus. Beispielsweise präsentiert sich die kleine Gartenlobelie (ca. 25 cm) als mannshohe Pflanze; Heidekraut erreicht in Erikawäldern eine Höhe bis zu 10 Metern.

Wenig Gutes war über das Wetter in Erfahrung zu bringen: Das Ruwenzori-Gebirge besitzt sein eigenes Mikroklima, das sich durch eine besonders hohe Feuchtigkeit und große Niederschlagsmengen auszeichnet. Die Berge sind ständig von Dunst umhüllt und der oft peitschende Regen verwandelt die Hänge in gefährliche Schlammrutschbahnen.

Auch sicherlich gutgemeinte persönliche Ratschläge habe ich bekommen: "Es gibt Traumbilder von Urwald, Urlandschaft sowie tier- und menschenlosem Grün, bezaubernd, sofern man Zeit hat; meist muss man seine Gedanken aber dem Schlamm zuwenden. Dieser Realität muss man ins Auge sehen, mehrere Stunden am Tag, viele Tage lang. Einen Foto für Bergbilder mitzunehmen lohnt kaum, denn diese sind fast nie sichtbar. Zeltplätze sind rar, weil meist feucht und schlammig; die Hütten sind dreckig, verwahrlost und viel zu klein. Keine Sitzgelegenheit, 14 Tage lang."

Da diese Schilderung von jemandem stammte, der nicht nur wusste, wovon er sprach, sondern auch wirklich ernst zu nehmen war, schlug meine anfängliche Euphorie in nachhaltige Skepsis um.

Doch nach einigem Hin und Her, siegt die Abenteuerlust und wir, Hans Engl und ich, entschlossen uns, an der angebotenen Reise vom 25. Dezember 1991 bis 8. Januar 1992 teilzunehmen.

Und dann kam es so wie es muss. Mit besonders hohen und robusten, aus Finnland stammenden Gummistiefeln zogen wir durch eine Landschaft, deren exotische Faszination durch nichts zu überbieten ist, mit einer Vegetation, die es sonst nirgendwo gibt, aber auf Pfaden deren tiefer, zäher und häufig grundloser Schlamm ebenso einmalig ist. Und dies, wie prophezeit, mehrere Stunden täglich und viele Tage lang. Manches Mal waren auch die hohen Gummistiefel zu kurz und jede noch so kleine Unaufmerksamkeit wurde bitter bestraft. Die Zeltplätze waren tatsächlich rar und in der Regel miserabel; die sogenannten Hütten meist verwahrlost. Wir mieden sie, soweit möglich.

Doch an all diese Unannehmlichkeiten haben wir uns gewöhnt und sie geradezu ignoriert, denn wir hatten - man glaubt es kaum - gutes Wetter. Solange wir in den Bergen waren, hat es nicht ein einziges Mal geregnet. Unser Tourleiter, der Meteorologe Karl Gabl, hat schließlich im Übermut den Spruch kreiert: "It never rains on Ruwenzori".

Dieses unverhoffte und unverdiente Wetterglück ließ die Tour zu einem unvergesslichen Erlebnis werden, zumal wir auch bergsteigerisch mehr erreicht haben, als eigentlich geplant. Im einzelnen haben wir den jeweils höchsten Berg der drei höchsten Ruwenzori-Massive bestiegen:

am 1. Januar 1992 den höchsten Gipfel des
Mt. Speke-Massivs, den 4.890 m hohen Vittoria Emanuele,

am 3. Januar 1992 den höchsten Gipfel des
Stanley-Massivs und des ganzen Ruwenzori-Gebirges, die
5.109 m hohe Point Margherita - ausnahmsweise begleiteten
uns Nebelschwaden bis zum Gipfel -,

am 4. Januar 1992 den höchsten Gipfel des
Mt. Baker-Massivs, den 4.842 m hohen Mt. Edward.

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